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Hochsensibilität

Jeder Mensch nimmt Informationen aus seiner Umwelt auf und verarbeitet sie. Bei fast allen Menschen wird ein Großteil der Informationen jedoch aus der Wahrnehmung herausgefiltert.
Dieser Filter ist bei hochsensiblen Menschen aufgrund neurologischer Besonderheiten weniger stark ausgeprägt als bei nichthochsensiblen Menschen. Hochsensible nehmen viel mehr Informationen auf, sowohl von ihrer Umwelt als auch von sich selbst. Sie nehmen feine Einzelheiten in einem größeren Spektrum wahr.

Was genau Hochsensible allerdings im Einzelfall intensiver wahrnehmen, ist unterschiedlich, auch weil sich die Wahrnehmung auf das Innere und das Äußere erstreckt. Manche HSP (= Highly Sensitive Persons) nehmen z. B. Gerüche, optische und akustische Eindrücke intensiver oder facettenreicher wahr, andere bemerken beispielsweise feine Nuancen in zwischenmenschlichen Beziehungen, können manchmal gar fühlen, ob eine Person lügt.

Was hat dies für Konsequenzen?
Wahrnehmung ist anstrengend. Wer einige Stunden in der Oper saß, wird zu Hause nicht gleich eine CD in die Stereoanlage einlegen und Musik hören. Wer 90 Minuten konzentriert einem Vortrag gelauscht hat, braucht eine Pause. So schön die Disko auch sein mag – irgendwann wird einem die Musik zu viel, und man möchte gehen.

Jeder Mensch braucht nach Wahrnehmung Pausen zur Verarbeitung, auch zur Erholung der Nerven. Die inneren Speicher sind voll und die Akkus sind leer.

Wenn Hochsensible nun permanent wesentlich mehr Informationen aufnehmen als normal sensible Menschen, so liegt es in der Natur der Sache, dass bei ihnen die Speicher schneller voll und die Akkus schneller leer sind. Die hohe Anzahl an Informationen, die sie aufnehmen, will verarbeitet („verdaut“) werden. Ihre Nerven brauchen nach Zeiten der intensiven Stimulierung früher eine Phase der Regeneration.

Da die Intensität ihrer Informationsaufnahme höher ist als bei anderen Menschen, geraten sie schneller an ihre „Schmerzgrenze“. Der Ausdruck passt in der Tat: Überstimulation kann Schmerzen verursachen. Bei HSP sind schneller Leitungen überlastet – der Körper wehrt sich.

Infolge dieser Begrenzungen sind Hochsensible, von außen betrachtet, scheinbar weniger belastbar – laute Musik, der Andere ohne Probleme zuhören können, führt bei ihnen zu Unwohlsein, gar zu Schmerzen. Gruppen von Menschen, z.B. große Partys mit breiter Geräuschkulisse, eng aneinander stehende Menschen und vielen Gerüchen in der Luft, die für normale Menschen keine besondere Herausforderung darstellen, bedeuten für Hochsensible häufig eine unerträgliche Überlastung an Informationszufluss. Wenn sie sich aus solchen Situationen zurückziehen, wird das häufig als Ungeselligkeit, Snobismus, elitäres Empfinden oder Unhöflichkeit interpretiert. In Wirklichkeit ist es Flucht – Flucht vor der Überreizung, die das Nervensystem der HSP an die Grenze der Überlastung bringt. Der Körper braucht eine Auszeit zur Verarbeitung der Reize.

So individuell die Wahrnehmungsunterschiede bei HSP sind, so unterschiedlich sind auch die Ereignisse, die Überstimulierung hervorrufen. Manche HSP kann laute Musik lange Zeit problemlos hören, wird aber durch eine leichte, für andere Menschen kaum fühlbare Verstimmung der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners, der/des Vorgesetzten in eine tiefe Krise gestürzt.

Wie fühlen sie sich?
HSP, die um ihre Veranlagung noch nicht wissen, glauben sehr häufig, mit ihnen sei etwas nicht in Ordnung, sie seien krank und behandlungsbedürftig. Der äußere Eindruck scheint dies auch zu bestätigen: Alle anderen können Dinge tun, die für HSP unerträglich sind. Im Glauben, die eigene Andersartigkeit sei etwas Pathologisches, versuchen sie, dagegen anzukämpfen, was in neue Teufelskreise bis hin zu Selbsthass führen kann.

Wissen HSP jedoch um ihre Besonderheit, können sie ihre Sensibilität häufig genießen, ja sogar nutzen. Wenn viel mehr Informationen verarbeitet werden müssen, führt dies automatisch zu mehr Verarbeitung. Das klingt banal, hat aber zur Folge, dass viele Hochsensible ständig mit Informationsverarbeitung, sprich Analyse ihrer Eindrücke beschäftigt sind. Ihre entsprechenden Fähigkeiten sind hochtrainiert, und so vielschichtig und facettenreich ihre Wahrnehmung ist, so vielschichtig und facettenreich sind ihre Interpretationen der Welt. HSP hüten sich vor verfälschend einfachen Denkmustern und kommen in ihrem Verständnis der Welt der überaus komplizierten und komplexen Realität weitaus näher als Nicht-HSP. Breiten Raum in ihrem Bewusstsein nimmt die Reflexion ein, sowohl über die äußere Welt als auch über sich selbst. Sogar vor dem Denken als Phänomen macht ihr Nachdenken nicht halt.

Es stürzt  sie in elementare Krisen, wenn z. B. aufgrund der erbarmungslosen Selbstreflexion die eigene Existenz plötzlich in Rechtfertigungsnöte gerät. Die Infragestellung von als selbstverständlich erachteten Fundamenten des (eigenen) Daseins kann an Abgründe führen; Depressionserscheinungen sind für manche HSP ein bekannter Gefährte.

In Traurigkeit und Verzweiflung kann es den HSP führen, wenn sich keine Achtsamkeit und Einfühlsamkeit für solche Phänomene bei den Mitmenschen findet.
Eine gewisse Vereinsamung des hochsensiblen Geistes kann die Folge sein. Sie verstärkt, was durch den Fluchtinstinkt vor der Überstimulation ohnehin Tendenz des Strebens ist.

Für Hochsensible ist eine Sensitivität, die Sanftmütigkeit und Rücksichtnahme mit sich bringt, die Art des Umgangs, die sie sich für die ganze Gesellschaft erhoffen, wichtig und essentiell.

Dies erscheint insbesondere plausibel, wenn man sich die Fähigkeit mancher HSP vor Augen führt, scheinbar in die Zukunft blicken zu können: Was wie Wahrsagerei aussieht, ist in Wirklichkeit das teilweise unbewusste Erkennen hochkomplexer Kausalketten und übergeordneter Zusammenhänge, das Prognosen erlaubt, die bei Nicht-HSP Staunen hervorrufen können. HSP erkennen die Konsequenzen des Handelns schon im Voraus und neigen infolgedessen zu angemessener Vorsicht.

Hochsensibilität kann aufgrund der hohen nervlichen Aktivität ferner zu besonderen Begabungen führen. Viele HSP sind außergewöhnlich kreativ; andere sind durch Schnelligkeit, Geistesgegenwart und fast pedantische Genauigkeit in ihrem Beruf überaus leistungsfähig.

Sehr ausführlich werden in der Literatur von und für Hochsensible angesichts der vielen Probleme Strategien und Taktiken dargestellt, wie die besonderen Bedürfnisse mit der Realität der heutigen Zeit in Einklang gebracht werden können.

Mir geht es darum, dass Sie sich Ihrer eigenen Besonderheit bewusst werden und sich dafür wertschätzen. Wir erarbeiten, wie Sie Ihre außergewöhnlichen feinen Strukturen als Potential kreativ in Ihr Leben bringen können. Gleichzeitig lernen Sie in Ihrem ganz persönlichen Rahmen Schutz und Refugium zu finden.

Ich helfe Ihnen dabei!